Zu einem besonderen Gedenk-Gottesdienst an die Heilbronner Bombennacht des 4. Dezember 1944 trafen sich die neuapostolischen Christen des Bereiches zum Jahrestag des Ereignisses in der Heilbronner Pfühlkirche.
Auch diese Kirche und 100 Gläubige waren vor sieben Jahrzehnten Opfer des verheerenden Luftangriffes geworden, bei dem fast 7000 Heilbronner innerhalb weniger Minuten ihr Leben verloren.
Und fast auf die Minute genau 70 Jahre danach eröffnete der gemischte Chor den Gottesdienst in der vollbesetzten Kirche mit der Hymne: Gott ist Liebe.
Gott ist Liebe …???!!! Für einen rein rational tickenden Menschen bei einem solchen Anlass sicher ein eklatanter Widerspruch. Apostel Hans-Peter Schneider löste diesen in seiner Predigt den Anwesenden auf.
Er legte dieser das Bibelwort aus 5. Mose, Kap.33, Vers 27 zugrunde: „Zuflucht ist bei dem alten Gott und unter den ewigen Armen.“
Der Apostel ging zunächst auf das reale Geschehen ein: „Wir haben alle Geschichtsunterricht gehabt.“ Das dabei Aufgezeigte klinge oft so weit weg und theoretisch. Aber: „Vor Ort ist Geschichte immer ganz konkret – hat Bilder, Personen und Orte.“ Zerstörung und Mord seien heutzutage fast schon perfektioniert. Das sei dieser Schöpfung und dieser Menschheit eigen und aus ihr auch nicht mehr herauszunehmen. „Wir denken daher an alles, was durchlebt werden musste.“
Dennoch sei dies keine Trauerfeier, nicht angemessen seien Beerdigungs- oder Untergangsstimmung und nur einen Gedenk- und Erinnerungsabend zu gestalten, sei zu wenig, wenn nicht etwas daraus mitgenommen und in die Tat umgesetzt werde – berührt von der Liebe, die der Chor besungen habe. Jeder könne ein Segen sein an dem Platz, an den er gestellt wurde.
„Wie konnten die damals Betroffenen das bewältigen?“, so die Frage des Apostels – und die Antwort: Der im Bibelwort erwähnte alte Gott regiert noch. Das sei nicht nur so dahingesagt gewesen, sondern zum Bekenntnis, zum Vermächtnis und zum Zeugnis geworden. „Gottverbundenheit war die Stärke, mit der das bewältigt wurde.“
Er zitierte dabei den seinerzeit aktiven Apostel Carl Ludwig: „Alles konnten sie uns nehmen – aber Glaube, Liebe, Hoffnung nicht.“ Gott werde in allen Lebenssituationen zum Asyl, zur Kraft und zur Sicherheit.
Und wer die Frage stelle, warum dieser Gott solches zulasse, dem könne er nur antworten: „Ich bin nur Geschöpf, ich habe Gott nichts vorzuschreiben – das ist die Prüfung.“ Menschheitsgeschichte sei immer eine blutige Geschichte gewesen; Reichsgottesgeschichte allerdings auch – aber geprägt durch das schönste Blut, das Blut des Lammes, das Opfer von Jesus Christus am Kreuz.
Sein Fazit: Nur durch ihre Gottverbundenheit konnten die Betroffenen das damalige Geschehen bewältigen – die derzeit Lebenden würden am Ende ihres Laufes an ihrem Gottvertrauen gemessen werden. „Wir nehmen als Aufgabe mit, unser Verhältnis zu Gott rein und demütig zu halten.“
Der zu einem Predigtbeitrag aufgerufene Bischof Rolf Ludwig verwies darauf, dass die Vaterliebe des Schöpfers über alle menschlichen Vorstellungen hinausgehe. Die Überlebenden des 4. Dezember 1944 hätten nicht nur Verlust und Trauer empfunden, sondern auch das Gefühl der Geborgenheit im Gottes Hand und Freude darüber, miteinander verschont geblieben zu sein. Seine letzten Worte in seinem Amtsauftrag in seiner Heimatgemeinde (Bischof Ludwig wird am 7. Dezember altershalber zur Ruhe gesetzt): „All das Erleben des 4. Dezember oder Ähnliches hat uns nur näher zu Gott gebracht. Großer Gott wir loben dich. Amen.“
Sein Nachfolger, Manfred Schönenborn, der als Bischof ordiniert werden soll, verwies darauf, dass es große Sicherheit gebe, wenn man einen Zufluchtsort habe, wo immer eine offene Tür sei: „Bei ihm, dem Allmächtigen, sind weit offene Arme für alle.!
Den Abschluss des Gottesdienstes bildete nach der Feier des Heiligen Abendmahles und dem Schlussgebet das vierstrophige Chorlied: Herr, bleib bei mir (rw)
Herr, bleib bei mir, der Abend bricht herein. Es kommt die Nacht, die Finsternis fällt ein. Wo fänd ich Trost, wärst du, mein Gott, nicht hier? Hilf dem, der hilflos ist: Herr, bleib bei mir! 2. Wie bald verebbt der Tag, das Leben weicht, mein Werk vergeht, der Erdenruhm verbleicht, umringt von Fall und Wandel leben Wit. Unwandelbar bist du: Herr, bleib bei mir! 3. Ich brauch zu jeder Stund dein Nahesein, denn des Versuchers Macht brichst du allein. Wer hilft mir sonst, wenn ich den Halt verlier? In Licht und Dunkelheit, Herr, bleib bei mir! 4. Geführt von deiner Hand fürcht ich kein Leid, kein Unglück, keiner Trübsal Bitterkeit. Was ist der Tod, bist du mir Schild und Zier! Den Stachel nahmst du ihm, Herr, bleib bei mir.